Haut, Haare und Nägel

Hauterkrankungen mit Ekzem- und Schuppenbildung

Neurodermitis

Neurodermitis (atopisches Ekzem, endogenes Ekzem, atopische Dermatitis): Stark juckende, nicht ansteckende, schubartig verlaufende, chronische Hautentzündung. Sie tritt lokal, z. B. im Gesicht, an den Augenlidern oder in Knie- bzw. Ellenbeugen, aber auch großflächig über die gesamte Haut verteilt auf. In Deutschland leiden schätzungsweise 10–20 % der Kinder und etwa 5 % der Erwachsenen an einer Neurodermitis. Ursächlich spielen neben Umweltfaktoren wie Nahrung, Stress oder Wetter auch die Erbanlagen eine große Rolle. Die Erkrankung beginnt meist im Kindesalter und bildet sich bis zum Erwachsenenalter oft wieder zurück. Unabhängig davon neigen die Betroffenen lebenslang zu trockener Problemhaut und zu allergisch bedingten atopischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Allergien oder Asthma.

Neben Basismaßnahmen (siehe "Ihr Apotheker empfiehlt") stehen zahlreiche Arzneimittel wie beispielsweise Kortison als Salben oder Tabletten und verschiedene Bestrahlungstherapien zur Verfügung. Diese können die Erkrankung zwar nicht heilen, aber den oft erheblichen Juckreiz lindern und die Lebensqualität wieder verbessern.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Starker Juckreiz
  • Bei Säuglingen und Kleinkindern: Unscharf begrenzte, gerötete und nässende Stellen mit Bläschen, überwiegend im Bereich von Gesicht und behaartem Kopf (Milchschorf) sowie an den Streckseiten von Armen und Beinen
  • Bei älteren Kindern und Erwachsenen: Unscharf begrenzte, bräunlich-rote Herde mit Knötchen und Schuppen, bevorzugt an den Gelenkbeugen sowie an Gesicht (vor allem Augenlider) und Hals, symmetrisch auftretend
  • In schweren Fällen Befall der gesamten Haut.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • oben genannte Leitbeschwerden erstmals auftreten.

Am nächsten Tag, wenn

  • sich auf der entzündeten Haut gelbe Krusten bilden (Verdacht auf bakterielle Infektion).

Sofort, wenn

  • am ganzen Körper Bläschen und zusätzlich hohes Fieber auftreten (Verdacht auf virale Infektion).

Die Erkrankung

Die Neurodermitis ist eine Hautkrankheit, bei deren Entstehung viele Faktoren eine Rolle spielen. Sie ist keine Allergie, gehört aber wie einige besonders häufige Allergien zu den atopischen Erkrankungen.

Neben Umwelteinflüssen sind die Erbanlagen von großer Bedeutung. Es gibt mehrere Gene, die zur Entstehung der Krankheit beitragen. Etwa zwei Drittel der Krankheitsanfälligkeit werden durch sie bestimmt. Eine besondere Rolle spielen Veränderungen auf dem Chromosom 11, einer Gen-Variante, die in Europa 36 % der Bevölkerung tragen. Das Risiko, an einer Neurodermitis zu erkranken, liegt bei etwa 40 %, wenn ein Elternteil betroffen ist, und bei ungefähr 70 %, wenn beide Elternteile an einer Neurodermitis leiden. Auch Kinder von Eltern mit Heuschnupfen oder allergischem Asthma haben ein erhöhtes Risiko. Der hohe Hygienestandard in den Industrieländern scheint darüber hinaus das "Training" des Immunsystems in den ersten Lebensmonaten zu behindern. Dies kann im späteren Leben zu Fehlreaktionen des Immunsystems führen, die sich u. a. als Neurodermitis äußern.

Auslöser und Risikofaktoren

Allergene wie Hausstaubmilben, Blütenpollen oder Tierhaare, aber auch Allergene aus der Nahrung wie Hühnerei, Nüsse, bestimmte Früchte oder Milchprodukte können einen akuten Neurodermitisschub auslösen, wenn eine Veranlagung für Allergien besteht.

Weitere Faktoren, die eine Neurodermitis begünstigen oder triggern, sind unter anderem

  • Infektionen (z. B. Erkältungskrankheiten, Virusgrippe)
  • Stress, Erschöpfung, Schlafmangel
  • Reizstoffe (z. B. Kosmetika, Schweiß, raue Kleidung, Waschmittelrückstände in der Kleidung)
  • extreme Wärme oder Kälte, klimatische und jahreszeitliche Einflüsse (Frühjahr, Herbst)
  • saure und scharfe Nahrungsmittel.

Klinik

Die Neurodermitis äußert sich in jedem Lebensalter unterschiedlich. Säuglinge leiden v. a. unter Bläschen und nässenden Rötungen im Gesicht und am behaarten Kopf, die Krusten bilden. Da sie wie verbrannte Milch aussehen, werden sie oft als Milchschorf bezeichnet.

Etwa ab dem 2. bis 3. Lebensjahr bis hinein ins Erwachsenenalter tritt die Neurodermitis bevorzugt an den Beugeseiten von Armen und Beinen (v. a. Ellenbeugen und Kniekehlen), aber auch an Gesicht und Hals auf. In schweren Fällen sind nicht nur umschriebene Areale, sondern sogar die gesamte Haut betroffen.

Bei akuten Schüben werden diese Hautbereiche rot und schuppig. Im Laufe der Zeit bildet sich durch ständiges Aufkratzen dickere und gröbere "Elefantenhaut" (Lichenifikation). Nässende Hautbereiche treten dagegen kaum noch auf. Altersunabhängig gehen die Hautentzündungen mit heftigem Juckreiz einher. Kratzen kann die Dauer eines akuten Schubes verlängern und auch einen erneuten Schub auslösen. Bei vielen Betroffenen führen der Juckreiz und die sichtbaren Hautveränderungen zu einer starken seelischen Belastung, die den Krankheitsverlauf weiter verschlimmern kann.

Auch außerhalb eines akuten Schubs zeigt die Haut von Neurodermitiker*innen verschiedene Auffälligkeiten: Sie bildet vermindert Talg und leidet unter einem Mangel an bestimmten Fettstoffen. Die Bindung von Wasser ist reduziert, die Schweißabsonderung oft vermindert, gelegentlich auch verstärkt. Diese Veränderungen gehen mit einer Störung der Hautbarriere einher. Die Haut wird dadurch anfälliger für Infektionen, außerdem durchlässiger für Schadstoffe und Allergene.

Verlauf

Die meisten Betroffenen erkranken bereits im Säuglingsalter zwischen dem 3. und 6. Lebensmonat. Bei etwa der Hälfte der Kinder gehen die Beschwerden ab dem 4. Lebensjahr langsam zurück, in der Pubertät tritt oft eine weitere Besserung ein. Im Erwachsenenalter sind bei vielen Patient*innen die Beschwerden vollständig abgeklungen.

Komplikationen

Bei Neurodermitiker*innen kommt es aus den oben genannten Gründen leichter zu bakteriellen Infektionen der Haut, insbesondere durch Staphylokokken. Hinweis dafür sind Bläschen, die eine klare gelbliche Flüssigkeit absondern, manchmal unangenehm riechen und gelbliche Krusten bilden (Impetigo contagiosa). Auch das Herpes-simplex-Virus kann sich ausbreiten und ein schweres herpetisches Ekzem (Eczema herpeticatum) mit hohem Fieber, Bläschen am ganzen Körper und beeinträchtigtem Allgemeinbefinden hervorrufen. Eine Behandlung im Krankenhaus ist dann erforderlich.

Diagnosesicherung

Aufgrund der geschilderten Beschwerden und dem an typischen Stellen wie Ellenbeugen und Kniekehlen durch starkes Kratzen hervorgerufenen vergröberten Hautbild schöpft die Hautärzt*in meist schnell den Verdacht auf eine Neurodermitis. Zur Diagnosesicherung hilft der weiße Dermografismus: Während gesunde Haut bei einem Kratzer (z. B. mit einem Holzspatel) mit einem geröteten Strich reagiert, zeigt die Haut einer Neurodermitiker*in binnen 10 Sekunden einen weißen Strich. Zusätzlich finden sich bei Neurodermitiskranken oft weitere äußere Merkmale: ausgedünnte und verkürzte Augenbrauen, eine doppelte untere Lidfalte (Dennie-Morgan-Falte), eingerissene Mundwinkel, eingerissene Ohrläppchen sowie vergröberte Hautfalten.

Um den individuellen Schubauslöser herauszufinden, werden die Patient*in oder deren Eltern ausführlich zu Ernährung und Allergien befragt. Häufig ist ein [Neurodermitis-]Tagebuch aufschlussreich. Darin werden täglich der Hautzustand, das Auftreten von Juckreiz, erfolgte Behandlungsmaßnahmen, eventueller Stress, verzehrte Nahrungsmittel und andere Besonderheiten eingetragen.

Zusätzlich führt die Ärzt*in eine Allergiediagnostik durch. Dazu gehören allergische Hauttests, Auslassdiäten oder Suchdiäten bei Verdacht auf Nahrungsmittelallergien sowie die Labordiagnostik mit der Bestimmung von IgE oder Zytokinen. Eine Möglichkeit, ein Neurodermitis auslösendes Allergen nachzuweisen ist beispielsweise der Atopie-Patch-Test. Dazu klebt die Ärztin ein Pflaster mit einem verdächtigen Allergen – z. B. Hausstaubmilben, Tierhaare oder Pollen – auf die intakte Rückenhaut. Bei Neurodermitiker*innen entsteht dort dosisabhängig ein Ekzem. Dies zeigt, welches Allergen die Patient*in unbedingt meiden muss.

Differenzialdiagnosen. Ähnliche Hauterscheinungen zeigen das Seborrhoische Ekzem, die Schuppenflechte und in manchen Fällen auch die allergische Kontaktdermatitis.

Behandlung

Neurodermitis ist nicht heilbar, mit den heutigen Medikamenten lässt sie sich jedoch gut behandeln. Je nach Ausprägung verordnet die Ärzt*in verschiedene Arzneimittel oder Therapien, die teilweise auch kombiniert werden können.

Lokale Therapie

Schieferöl und Gerbstoffe. Bei leichten Schüben helfen kortisonfreie Entzündungshemmer wie Schieferölpräparate (z. B. Ichthosin® Creme), Gerbstoffpräparate (z. B. Tannolact®) oder Bufexamac (z. B. in Parfenac® Creme), die gleichzeitig den Juckreiz stillen.

Antihistaminika. Ist der Juckreiz stark ausgeprägt, kann ein oral einzunehmendes Antihistaminikum wie Desloratadin (z. B. Aerius®) helfen.

Kortisonsalben. Bei schwereren Schüben verordnet die Ärzt*in kortisonhaltige Salben wie Hydrocortisonbutyrat (z. B. Alfason Salbe) oder Prednicarbat (z. B. Dermatop® Salbe). Am Abend angewendet, wirken sie am besten. Zur Minimierung von Nebenwirkungen wird Kortison meistens nur kurzzeitig und im Wechsel mit einem wirkstofffreien Basispräparat (siehe unten) angewendet.

Immunsuppressiva in Salbenform. Wenn eine lokale Kortisontherapie nicht ausreichend wirkt oder aufgrund von Unverträglichkeit nicht möglich ist, stehen Immunsuppressiva wie Tacrolimus (z. B. Protopic®Salbe) und Pimecrolimus (z. B. Elidel®1 % Creme oder Douglan®) zur Verfügung. Diese Präparate sollten jedoch nur gezielt und unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden, da es Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang mit Hautkrebs gab (die bisher weder definitiv belegt noch ausgeschlossen werden konnten, Langzeitstudien laufen).

Antibiotika. Wenn sich Kratzstellen bakteriell infizieren, sind Antibiotika zum Auftragen auf die Haut oder zum Einnehmen angezeigt (z. B. Cefalexin). Zusätzlich unterstützen desinfizierende Auflagen mit Octenidin (z. B. Octenisept®).

Innere Therapie mit Tabletten

Bei schweren Schüben verordnet die Ärzt*in auch Kortison oder Immunsuppressiva (z. B. Ciclosporin) zum Einnehmen. 2017 wurde zudem der Interleukin-Rezeptor-Antikörper Dupilumab (z. B. Dupixent®) zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Neurodermitis bei Patient*innen > 12 Jahren zugelassen. Nicht für die Neurodermitis zugelassen, aber in therapieresistenten Einzelfällen trotzdem eingesetzt werden u.a. Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolatmofetil.

Bestrahlungstherapie

Viele Patient*innen profitieren von einer zusätzlichen Bestrahlungstherapie, bei der UV-Strahlen in verschiedenen Kombinationen zum Einsatz kommen. Beispiele sind

  • Schmalband-UVB-Phototherapie. Bestrahlung der Haut mit UVB-Licht in einer Wellenlänge von 311 bis 313 Nanometern.
  • Balneophototherapie (Photosoletherapie). Hier werden die Bedingungen des Toten Meers simuliert. Dabei badet die Patient*in in einer Lösung mit hohem Sole- und Mineralstoffgehalt (Starksole), während gleichzeitig mit UV-Licht bestrahlt wird. Seit Juni 2020 ist die Balneophototherapie nicht nur bei Schuppenflechte, sondern auch bei der Neurodermitis Kassenleistung.
  • PUVA-Therapie. Bei der PUVA wird die Patient*in mit UVA-Strahlen bestrahlt, nachdem die Haut durch den Wirkstoff Psoralen lichtempfindlich gemacht wurde. Dazu ist der Wirkstoff entweder oral einzunehmen oder als Creme oder Gel auf die betroffenen Hautgebiete aufzutragen.

Hyposensibilisierung

Falls ein Neurodermitis auslösendes Allergen nachgewiesen wurde, hilft möglicherweise die Hyposensibilisierung, also die Immuntherapie, die Ärzt*innen zur Behandlung von Allergien einsetzen. Dabei wird der Körper schrittweise an den allergieauslösenden Stoff gewöhnt.

Prognose

Die therapeutischen Maßnahmen können die Neurodermitis lindern, aber nicht heilen. Generell gilt jedoch, dass die Hauterscheinungen mit zunehmendem Alter abnehmen, bei 3/4 der Kinder mit Neurodermitis kommt es in der Pubertät zu einer Verbesserung.

Neurodermitispatient*innen haben ein verdoppeltes Risiko, im Lauf des Lebens eine berufsbedingte Hauterkrankung zu entwickeln.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Neben der spezifischen Therapie mit Medikamenten sind folgende Basismaßnahmen hilfreich:

Hautreinigung. Für Duschen wie Baden gilt: eher kurz, selten und kühl. Generell ist Duschen dem Baden vorzuziehen, da es die Haut weniger austrocknet. Daneben ist folgendes zu beachten:

  • Beim Duschen empfiehlt es sich, auf rückfettende, ölhaltige Produkte zurückzugreifen (z. B. Eucerin® Duschöl, Balmandol Ölbad, Eucerin® Handwaschöl). Handelsübliche parfümierte Produkte (Seifen, Schaumbäder) sind zu vermeiden.
  • Zwischen dem Abtrocknen und anschließenden Eincremen sollten nicht mehr als 3 Minuten liegen – die Haut ist in dieser Zeitspanne besonders aufnahmefähig für Fett und Wirkstoffe.
  • Beim Baden gibt es ölhaltige Badezusätze, bei denen sich das Öl entweder im Wasser verteilt oder auf der Oberfläche schwimmt – letztere enthalten weniger Emulgatoren und sind deshalb besser verträglich. Bei empfindlicher Kinderhaut ist ein Vollbad in der Woche völlig ausreichend.
  • Baden in Hallen- und Freibädern ist besonders ungünstig, weil die Haut durch die Desinfektionsmittel im Wasser stark strapaziert wird; viele Betroffene verzichten deshalb generell darauf.

Hautpflege. Das A und O bei der Behandlung der Neurodermitis ist die sorgfältige Hautpflege (Basispflege), um die Schutzfunktion der Haut zu verbessern. So lässt sich das Auftreten akuter Schübe und der Bedarf an Medikamenten verringern. Entscheidend ist die regelmäßige und dauerhafte Pflege auch außerhalb akuter Schübe – und besonders auch nach jedem Baden oder Duschen.

  • Empfehlenswert sind alle Maßnahmen, die den Fett- und Feuchtigkeitsgehalt der Haut erhöhen, wie z. B. Basiscremes mit Zusatz von Harnstoff oder rückfettenden Omega-Fettsäuren. Welche Cremes, Salben und Lotionen am besten helfen, ist individuell verschieden und lässt sich nur durch Austesten herausfinden.
  • Wer die Pflegepräparate im Kühlschrank aufbewahrt, kann zusätzlich den juckreizlindernden Effekt von Kälte nutzen.
  • Tagsüber raten Ärzt*innen zu wasserreichen Pflegeprodukten (O/W-Emulsionen), da diese die Atmung der Haut nicht behindern.
  • Nachts sind dagegen fettreiche Produkte von Vorteil (reichhaltige O/W-Emulsionen oder W/O-Emulsionen).
  • Besonders trockene und strapazierte Hautstellen (z. B. Hände, Füße) profitieren auch tagsüber von einer fettreichen Creme oder Salbe.
  • Ungeeignet zur Dauerpflege sind Öle, da sie bei längerer Anwendung die Haut austrocknen; auch reine Vaseline und Melkfett, das oft als Geheimtipp gehandelt wird, haben sich als ungünstig erwiesen.

Juckreizbehandlung. Ein Aufkratzen der erkrankten Haut zu vermeiden, ist ebenso wichtig wie schwierig. V. a. nachts neigen viele Neurodermitiker*innen zu heftigen Kratzattacken im Halbschlaf, die sich kaum kontrollieren lassen. Hier hilft es, die Fingernägel kurz zu halten. Tagsüber gelingt es bei mäßigem Juckreiz oft, die betroffenen Hautstellen durch leichtes Drücken, Massieren oder Kneifen zu beruhigen. Starker Juckreiz lässt sich manchmal durch Auflegen eines kalten Waschlappens lindern.

Umgebungsoptimierung. Neurodermitispatient*innen sollten alles meiden, was die Haut noch mehr austrocknet. Dazu gehören Wohn- und Büroräume, die überheizt sind und/oder eine niedrige Luftfeuchtigkeit aufweisen. Wichtig ist, dass die Räume optimal belüftet werden. Hohe Umgebungstemperaturen sind ebenfalls ungünstig: Durch die verminderte Schweißbildung kommt es bei Neurodermitiker*innen schnell zu Wärmestau und dadurch verstärkten Juckreiz. Ob Sonnenlicht schützt oder schadet muss jede*r Betroffene individuell ausprobieren: Oft lindern UV-Strahlen das Ekzem, selten liegt jedoch auch eine erhöhte UV-Empfindlichkeit vor, die zu Ekzemschüben und Juckreiz führt.

Kleidung. Textilien aus tierischen Fasern (Wolle, Pelze) verstärken die Beschwerden häufig. Empfehlenswert ist weiche, locker sitzende Kleidung aus naturbelassener Baumwolle oder Leinen. Bei häufig auftretenden Staphylokokken-Infektionen reduzieren silberbeschichtete Spezialstoffe (Padycare®) das Risiko neuer bakterieller Hautinfektionen.

Ernährung. Eine allgemeingültige Diät zur Behandlung von Neurodermitis gibt es nicht. Bei etwa 30 % der betroffenen Kinder und 10 % der Erwachsenen sind jedoch Nahrungsmittelunverträglichkeiten nachweisbar. In diesem Fall ist es ratsam, den Speiseplan maßvoll umzustellen.

  • Eine gesunde Ernährung wie z. B. die mediterrane Vollwerternährung ist immer sinnvoll, entbindet aber nicht von der Notwendigkeit, auf Problemlebensmittel besonders zu achten: Für viele Betroffene sind das neben Nüssen auch das so wertvolle Obst. Denn Fruchtsäuren, reichlich beispielsweise enthalten in Zitrusfrüchten oder sauren Äpfeln, können die Symptomatik verschlechtern. Hier ist ein Verzicht oft ratsam.
  • Auch scharfe Gewürze verstärken oft die Beschwerden, da sie die Hautdurchblutung steigern.
  • Mittels Heilfasten lässt sich manchmal eine Verbesserung der Neurodermitis erzielen. Diese "Heilwirkung" ist aber nur vorübergehend, weshalb Heilfasten nur sinnvoll ist, wenn gleichzeitig andere Therapiestrategien zur Anwendung kommen, wie z. B. neue Pflegeprodukte.

Allergiegefahr reduzieren. Viele Neurodermitiker*innen reagieren auf Allergene mit akuten Schüben. Bekannte Allergene wie Pollen, Hausstaub oder Tierhaare zu meiden gehört zu den wichtigsten Maßnahmen der Selbsthilfe. Empfehlungen dazu finden Sie im Beitrag Allergien.

Entspannung. Da die psychische Verfassung eine wichtige Rolle bei der Neurodermitisbewältigung spielt, sollten chronische Stresssituationen gemieden oder gezielt bewältigt werden. Sinnvoll ist das Erlernen einer Entspannungsmethode wie Autogenes Training, die auch dabei helfen kann, den Teufelskreis von Jucken-Kratzen-Entzündung zu unterbrechen.

Neurodermitis-Schulung. Vielerorts gibt es Neurodermitis-Schulungen und -kuren, die in Modellprojekten erfolgreich erprobt wurden. In diesen Schulungen lernen die Betroffenen bzw. deren Eltern, besser mit der Krankheit umzugehen, die Haut selbst zu pflegen und zu behandeln und so insgesamt eine höhere Lebensqualität zu erreichen. Auf Antrag übernehmen viele Krankenkassen die Kosten für Neurodermitis-Schulungen oder -kuren.

Komplementärmedizin

In der Naturheilkunde sieht man die Neurodermitis weniger als Hauterkrankung, sondern vielmehr als Hinweis auf einen gestörten Stoffwechsel oder ein überlastetes Immunsystem. Eine Vielzahl naturheilkundlicher Verfahren wird angeboten, von der Eigenbluttherapie über die Darmsanierung bis hin zu Bioresonanzverfahren, doch nur für einige dieser Therapien existieren wissenschaftlich fundierte Wirknachweise.

Klimatherapie. Erwiesen ist der positive Effekt von Klimawechsel und Aufenthalten an Orten mit allergenarmem Reizklima, z. B. auf den Nordsee-Inseln, in höheren Berglagen oder am Toten Meer. Die Frühjahrs- und Herbstmonate sind dafür besonders geeignet.

Lichttherapie. Blaulicht lindert den Juckreiz bei akuten Ekzemen, insbesondere Kinder schlafen dadurch besser ein. Schwere Verlaufsformen lassen sich oft mit langwelligem UVA1-Licht ohne Wärmestrahlung erfolgreich therapieren.

Hydrotherapie. Entzündungshemmend wirken Umschläge mit kaltem abgekochtem Wasser, die alle 5 Minuten erneuert werden, auch Umschläge mit Malventee sowie Quarkwickel (solange die Haut nicht offen und blutig ist) zur Kühlung und Rückfettung der Haut haben sich bewährt. Lauwarme Bäder, z. B. mit Zusätzen von Milch (außer bei Milchallergie!) und 1 EL Olivenöl, abgekochter Eichenrinde oder Weizenkleie sind bei akuten Neurodermitisschüben empfehlenswert. Chronische Ekzeme reagieren dagegen besser auf Ölbäder; sie wirken am besten, wenn das Öl erst nach 5 Minuten Badezeit dem Wasser zugesetzt wird. Für trockene und verdickte Haut eignen sich auch Sole-Bäder mit einem Salzgehalt von 1,5–6 %. Die Badedauer sollte 5–10 Minuten nicht übersteigen. Nach dem Bad empfiehlt sich eine einstündige Bettruhe, anschließend wird die Haut mit klarem Wasser abgeduscht und eingecremt.

Wechselbäder (Kneippsche Güsse). Ergänzend sind Kneippsche Verfahren wie die morgendliche kalte Dusche oder Wechselbäder sinnvoll, da sie das Immunsystem stärken und darüber hinaus körpereigenes Kortison mobilisieren.

Pflanzenheilkunde. Hier wird zwischen nässenden Ekzemen und trockenen Hautausschlägen unterschieden. Bei Ersteren helfen Kompressen aus Teeaufgüssen, z. B. nicht aromatisiertem schwarzen Tee (1 EL pro 0,5 l Wasser, 10–15 Minuten ziehen lassen), aus Eichenrinde oder Stiefmütterchenkraut. Auch pflanzliche Extrakte wie Johanniskrautöl oder Hamamelis in Pasten oder Lotionen bringen oft Linderung. Trockene Haut behandelt man besser mit Salben aus Nachtkerzensamenöl (z. B. Laceran® Omega Fettsalbe). Die Pflanze Galphimia glauca erwies sich als wirksam gegen allergische Erkrankungen, sie wird von einigen Stämmen im Regenwald Brasiliens gegen Allergien eingesetzt.

Akupunktur. Die Nadelung von Akupunkturpunkten beeinflusst weniger den Juckreiz als vielmehr den vegetativen Allgemeinzustand.

Psychotherapie. Die ganzheitliche Wahrnehmung der Patient*in kann bei allergischen Erkrankungen wie der Neurodermitis sehr hilfreich sein. Als gezielte Behandlung bieten sich verhaltenstherapeutische Maßnahmen an, um das Kratzen zu reduzieren und Alternativverhalten zu erlernen. Auch Hypnose zeigt beachtliche Erfolge, wenn es um die Bewältigung des Juckreizes geht.

Prävention

Wenn Eltern unter atopischen Erkrankungen oder Allergien leiden, helfen einige Vorsorgemaßnahmen, das Neurodermitisrisiko bei den Kindern zu senken, so z. B. ein längeres, in den ersten 6 Monaten möglichst ausschließliches Stillen. Auch ein Rauchverzicht in der Schwangerschaft und im Säuglingsalter hat einen positiven Einfluss. Außerdem empfehlen Expert*innen, bei Risikokindern auf Kaninchen, Meerschweinchen und Katzen zu verzichten, da die Haltung dieser Tiere das Auftreten einer Neurodermitis begünstigen soll.

Impfungen. Kinder mit Neurodermitis sollen genauso geimpft werden wie andere Kinder, eine Verschlechterung ihrer Erkrankung ist dadurch nicht zu erwarten. Im Gegenteil, gerade Kinder mit offenen Hautstellen sind gefährdet, sich Infektionen wie Tetanus oder Hepatitis B zuzuziehen und sollten deshalb geschützt sein. Gegen Windpocken ist unbedingt zu impfen, da diese bei Patient*innen mit Neurodermitis sehr schwer und häufig mit Komplikationen verlaufen.

Berufswahl. Bei Neurodermitis sind zahlreiche handwerkliche Berufe, bei denen man mit Feuchtigkeit oder hautreizenden Stoffen in Kontakt kommt, zu meiden. Dazu gehören beispielsweise

  • Pflegeberufe, Frisör*in
  • Berufe im Bäckerei- und Konditoreihandwerk oder in Küchen
  • Raumpfleger*in, Fensterputzer*in
  • Berufe im Bauhandwerk (Malerei, Schreinerei) und Gartenhandwerk
  • Berufe in der Metall- oder Autoindustrie, Lederverarbeitung (Gerberei).

Weiterführende Informationen

www.dgk.de – Suchbegriff Neurodermitis: Internetseite des Deutschen Grünen Kreuzes e. V., Marburg: Umfangreicher und von Herstellerfirmen unabhängiger Überblick über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.

www.dnb-ev.de – Deutscher Neurodermitis-Bund e. V., Hamburg: Kontakt zu Selbsthilfegruppen und Infos für Betroffene.

www.neurodermitis.net – Bundesverband Neurodermitiskranker in Deutschland e. V., Boppard: Kontakt zu Selbsthilfegruppen und Infos für Betroffene.

www.neurodermitisschulung.de – Arbeitsgemeinschaft Neurodermitis-Schulung e. V. (AGNES, Berlin): Bietet Informationen zu Neurodermitisschulungen und für Mitglieder Kontaktadressen von Neurodermitistrainer*innen aus der Umgebung.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Schuppenflechte

Häufigkeit: 3

Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris): Chronische, meist schubweise auftretende Hautkrankheit mit starker Schuppenbildung. Häufig zeigen sich auch krankhafte Nagelveränderungen. Als Ursache wird eine erbliche Autoimmunerkrankung angenommen, die bei bakteriellen Infekten, Stress, Einnahme bestimmter Medikamente oder anderen Auslösern zum Ausbruch kommt und zu einer massiv beschleunigten Zellerneuerung in der Oberhaut führt. An einer Schuppenflechte leiden etwa 2–3 % der Bevölkerung.

Die Erkrankung verläuft individuell verschieden. Bei etwa einem Viertel der Betroffenen tritt die Schuppenflechte nur einmalig auf, bei anderen wechseln sich Krankheitsschübe und belastungsfreie Phasen ab. Die Schuppenflechte ist nicht heilbar, lässt sich aber recht gut behandeln. Bei schwerer Ausprägung leiden Betroffene oft sehr unter ihrem äußeren Erscheinungsbild. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Erkrankung für die Mitmenschen nicht ansteckend ist.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Scharf begrenzte, gerötete Herde mit silbrig-grauen Schuppen, v. a. an den Streckseiten der Arme und Beine (Ellenbogen, Knie), den Handinnenflächen und Fußsohlen, den Nägeln und am behaarten Kopf
  • Krank aussehende Nägel
  • Manchmal Juckreiz.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • sich die Haut plötzlich deutlich sichtbar wie oben beschrieben schuppt.

Heute noch, wenn

  • Eiterpusteln auftreten.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung

Schuppenflechte ist eine genetische Erkrankung, d. h. die Veranlagung dafür wird vererbt. Das bedeutet aber nicht, dass auch jeder mit einer entsprechenden Erbanlage daran erkrankt. Wenn die Krankheit aber ausbricht, dann richtet sich das körpereigene Immunsystem, insbesondere die T-Lymphozyten, gegen die Zellen der Oberhaut. Dadurch kommt es in der Oberhaut zu einer Entzündung. Der Körper reagiert darauf mit der Produktion vieler neuer Hautzellen (beschleunigte Zellproliferation) – obwohl sich eigentlich noch genug Hautzellen im betroffenen Areal befinden. Während eine Oberhautzelle in gesunder Haut innerhalb von etwa 30 Tagen von der Keimschicht zur Hautoberfläche wandert, ist dieser Vorgang bei der Schuppenflechte auf etwa 4–8 Tage verkürzt. Die Haut verdickt sich und beginnt sich stark zu schuppen. Folge ist die typische Anhäufung silbrig-weißer Schuppen auf scharf begrenzten, runden, leicht erhabenen, rötlichen Flecken. Solche Schuppenherde werden auch Plaques genannt. Insgesamt ist die Haut trocken und neigt zu schmerzhaften Rissen.

Klinik und Verlauf

Die eine Schuppenflechte gibt es nicht – vielmehr verläuft sie bei den Betroffenen individuell sehr unterschiedlich. Besonders häufig tritt sie zum ersten Mal während der Pubertät oder im Alter zwischen 40 und 50 Jahren auf. Erkennen lässt sie sich an den typischen Schuppenherden, die meistens münz- bis handtellergroß sind, manchmal auch deutlich kleiner. Sie können sowohl als einzelne, scharf begrenzte Flecken auftreten als auch großflächig zusammenfließen (konfluieren) und ganze Körperpartien bedecken. Typischerweise sind die Herde an beiden Körperhälften symmetrisch ausgeprägt. Häufig besteht Juckreiz. Bei etwa der Hälfte der Patient*innen kommen krankhafte Nagelveränderungen in Form von gelblichen Verfärbungen (Ölflecknägel), grübchenförmigen Einsenkungen (Tüpfelnägel) oder schlimmstenfalls zerbröckelnde Krümelnägeln hinzu.

Zwei Drittel der Betroffenen zeigen einen chronischen Verlauf mit immer wiederkehrenden Schüben. Die Krankheitsschübe treten v. a. in der Herbst- und Winterzeit auf, wenn die Haut durch trockene Heizungsluft und widrige Wetterverhältnisse belastet ist. In den Sommermonaten kommt es dagegen häufig zu einer Besserung.

Begünstigende Faktoren

Trotz der genetischen Veranlagung bricht die Krankheit nicht immer aus. Oft wird sie durch bestimmte Faktoren getriggert, zum Beispiel durch Stress, Infekte oder Grunderkrankungen wie Diabetes oder eine Infektion. Auch andere Einflüsse können akute Schübe auslösen oder einen bestehenden Schub verschlimmern, etwa

  • physikalische Faktoren wie exzessives Sonnenbaden, Druck oder Verletzungen
  • chemische Reize wie Kosmetika oder Lösungsmittel
  • Medikamente wie Betablocker, ACE-Hemmer, Lithium, Malariamittel oder Rheumamittel
  • Genussmittel wie Alkohol und Nikotin.

Komplikationen

Als Komplikation der Schuppenflechte tritt bei mindestens 5 % der Betroffenen eine Psoriasis-Arthrose (Psoriasis arthropathica) auf, also eine schmerzhafte Entzündung von Gelenken insbesondere an Fingern und Zehen, Knie- und Hüftgelenken, In ausgeprägter Form droht sogar eine Gelenkverformung. Besonders gefährdet sind Patient*innen mit einer Psoriasis inversa, die v. a. die Analfalte, die Genitalregion, den Bauchnabel, die Handflächen, die Fußsohlen und die Nägel befällt. Weitere, äußerst seltene, aber schwere Sonderformen sind die psoriatische Erythrodermie, bei der die gesamte Haut gerötet und mit Schuppen bedeckt ist, und die Psoriasis pustulosa (0,5–2,5 %), die mit der Bildung von Eiterpusteln einhergeht und bei einem Befall des gesamten Körpers tödlich verlaufen kann.

Auch besteht bei Patient*innen mit Schuppenflechte ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wissenschaftler*innen ermittelten ein gegenüber Gesunden um 10 bis 30 Prozent erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden oder daran zu sterben. Dabei ist die Gefahr umso größer, je schwerer die Symptome der Schuppenflechte ausgeprägt sind. Patient*innen mit einer Schuppenflechte entwickeln zudem häufiger einen Morbus Crohn oder eine Zöliakie.

Diagnosesicherung

Die Krankengeschichte und die typischen Hautveränderungen reichen meist aus, um die Diagnose zu stellen. Die Schuppenflechte zeigt einige charakteristische Phänomene, die die Hautärzt*in provozieren kann:

  • Kerzenfleckphänomen. Hier wird die Schuppenschicht bei leichtem Kratzen heller und lässt sich gut entfernen, ähnlich wie bei einem Kerzenwachsfleck.
  • Phänomen des letzten Häutchens. Werden Schuppen entfernt, erscheint ein glänzendes letztes Häutchen, nach weiterem Kratzen zeigen sich winzige punktförmige Blutungen (blutiger Tau, Auspitz-Zeichen).

Zweifelt die Hautärzt*in dennoch an der Diagnose, entnimmt sie unter örtlicher Betäubung eine kleine Hautprobe (Biopsie).

PASI-Index. Das Ausmaß der Schuppenflechte wird mit dem Psoriasis Area and Severity Index (PASI) ermittelt. Dabei beurteilt die Ärzt*in die Herde in Bezug auf Rötung, Schuppung, Hautdicke, Ausdehnung und Körperregion. Insgesamt sind 0 bis 72 Punkte möglich, bei ≤ 10 Punkten handelt es sich um eine leichte Form, bei > 10 Punkten um eine mittelschwere bis schwere Schuppenflechte. Der PASI dient nicht nur der Therapieplanung – regelmäßig gemessen, lässt sich mit seiner Hilfe auch der Verlauf und das Ansprechen der Schuppenflechte auf die Behandlung beurteilen.

Differenzialdiagnose. Die unbehandelte, typische Schuppenflechte lässt sich kaum mit einer anderen Hauterkrankung verwechseln. Schwieriger ist es mit den Sonderformen wie z. B. der Psoriasis arthropathica. Bilden sich hier nur wenige Schuppen, wird die Erkrankung oft als Arthritis anderen Ursprungs fehlgedeutet.

Behandlung

Zur Behandlung der Schuppenflechte steht eine Vielzahl von Wirkstoffen und Verfahren zur Verfügung, die je nach Ausprägung der Hauterscheinungen eingesetzt werden. Neben der Basistherapie wird bei leichtem Verlauf (PASI ≤ 10 Punkte) die äußerliche, lokale Behandlung mit Cremes und Salben empfohlen, bei mittelschwerer bis schwerer Verlaufsform kommen physikalische Maßnahmen und die innere Therapie mit Medikamenten hinzu.

Basistherapie

Bei allen Schweregraden der Erkrankung gilt es, die Schuppen abzulösen und die verdickte Haut aufzuweichen. Dazu empfiehlt sich beispielsweise 5%ige Salicylvaseline oder 10%ige Harnstoffsalbe. Auch verschiedene Ölmischungen helfen beim Schuppenlösen und Aufweichen der Haut.

Äußerliche Behandlung

Sind die Schuppen abgelöst, beginnt die eigentliche Therapie der Schuppenflechte mit äußerlich anzuwendenden Mitteln.

  • Vitamin-D-Abkömmlinge. Vitamin D3 verlangsamt die beschleunigte Hautneubildung und dämmt chronisch-wiederkehrende Herde ähnlich gut ein wie ein mittelstarkes Kortisonpräparat. Im Gegensatz zu Kortison ist es besser verträglich, häufigste Nebenwirkungen sind vorübergehende Hautreizungen. Vitamin-D-Abkömmlinge sollen nicht mit Salicylsäure kombiniert werden, da es sonst zu einer Wirkminderung kommt. Häufig verwendete Vertreter sind Tacalcitol, Calcitriol oder Calcipotriol.
  • Calcineurin-Inhibitoren. Diese Wirkstoffe modulieren das Immunsystem und wirken auf die schuppigen Herde ähnlich gut wie mittelstarkes Kortison. Ihr Vorteil ist, dass sie auch in empfindlichen Hautbereichen wie Gesicht und Genitalbereich angewendet werden dürfen. Nebenwirkungen sind Hautbrennen und manchmal Hautinfektionen. Zur Verfügung stehen die Wirkstoffe Tacrolimus und Pimecrolimus. Beide sind jedoch noch nicht für die Schuppenflechte zugelassen, ihr Einsatz erfolgt deshalb Off-Label.
  • Vitamin-A-Abkömmlinge. Mit dem lokal wirksamen Retinoid Tazaroten sollen 70 Prozent der hartnäckigen Schuppenherde abheilen. Allerdings treten oft lästige Nebenwirkungen wie Hautbrennen und Juckreiz auf. Tazaroten wird in Deutschland, der Schweiz und Österreich nicht mehr vertrieben und ist nur über die internationale Apotheke erhältlich . In der Schwangerschaft darf es nicht eingenommen werden, weil es als Retinoid das ungeborene Kind schädigt.
  • Kortison. Kortison wirkt stark antientzündlich und hemmt zudem die überschießende Zellteilung. Wirkstoffe wie Betamethason bringen deshalb die Schuppenherde häufig gut zum Abheilen. Allerdings macht Kortison bei längerer Anwendung die Haut dünner und dadurch verletzlicher. Im Gesicht, am Hals und an den Genitalien soll Kortison deshalb nicht aufgetragen werden. Zur Anwendung am behaarten Kopf und an miterkrankten Finger- oder Zehennägeln ist es aber gut einsetzbar, da diese Stellen weniger empfindlich sind. Ist eine Behandlung über einen längeren Zeitraum erforderlich, geschieht dies abwechselnd mit einem wirkstofffreien Basispräparat. Eine längerfristige Kortisonbehandlung muss ausschleichend beendet werden. Das heißt, dass die Dosis allmählich reduziert wird, oder die Patient*in zunächst auf ein schwächeres Kortison wechselt. Anderenfalls treten die Hautveränderungen sonst an gleicher Stelle verstärkt wieder auf (Rebound-Phänomen). Nicht verwendet werden darf Kortison in Schwangerschaft und Stillzeit.
  • Dithranol. Dieses Präparat wird in hoher Konzentration nur als "Minutentherapie" verabreicht, bleibt also nur für 1–20 Minuten auf der Haut. Bei der klassischen Therapie ist die Konzentration niedriger, weshalb es halb- oder ganztägig aufgebracht wird. Dithranol ist dafür bekannt, dass es die Haut wie auch Kleidung bei Kontakt intensiv braun verfärbt. Als fertige Creme oder Salbe ist Dithranol in Deutschland nicht mehr im Handel. Verschreibt die Ärzt*in diesen Wirkstoff, muss die Salbe mit dem Wirkstoff individuell in der Apotheke angerührt werden.
  • Teer. Teerpräparate haben sich seit über 100 Jahren bei der Behandlung der Psoriasis bewährt. In letzter Zeit sind sie jedoch wegen ihrer möglicherweise krebsfördernden Wirkung in Verruf geraten. Einige "unverdächtige" Präparate sind manchmal noch in Gebrauch. Sie zeigen eine gute Wirkung auf die Entzündungsaktivität und den begleitenden Juckreiz. Auf rote, nässende Stellen dürfen sie nicht aufgetragen werden. Außerdem sind sie für Schwangere, Stillende und Säuglinge verboten.

Physikalische Therapie

PUVA-Therapie. Hierbei wird die Haut durch den Wirkstoff Psoralen gegenüber UVA-Licht empfindlicher gemacht und anschließend bestrahlt (PUVA = Psolaren + UVA). In Tablettenform, als Badezusatz oder Creme verabreicht, hemmt Psoralen unter dem Einfluss der UV-Strahlen die Bildung von Hautzellen. Die PUVA-Therapie erfolgt im Anfangsstadium viermal, später zwei- bis dreimal wöchentlich. Als Nebenwirkungen können Juckreiz, Übelkeit und Hautrötung auftreten. Bei Schwangeren, Stillenden und Menschen mit einem erhöhten Hautkrebsrisiko ist die PUVA kontraindiziert. Außerdem sollte sie immer durch fachlich geschultes Personal erfolgen, da es einige Formen und Stadien der Schuppenflechte gibt, bei denen die Lichttherapie nicht geeignet ist.

Balneophototherapie. Ähnlich gute Erfolge wie die PUVA-Therapie erzielt die Balneophototherapie, eine Kombination aus medizinischen Bädern und UV-B-Strahlung. Sowohl pflanzliche als auch mineralische Zusätze wie Kohlensäure, Schwefel oder Sole sorgen für die Therapiewirkung der Bäder. Während oder direkt nach dem zwanzigminütigen Bad wird die Patient*in mit UV-B bestrahlt. Ideal sind 3 bis 5 Behandlungen in der Woche. Die Therapie ist Kassenleistung, bezahlt wird eine Serie mit 35 Behandlungen, wobei nach sechs Monaten eine neue Behandlungsserie begonnen werden darf. Der Bundesverband der Deutschen Dermatologen führt eine Liste mit Hautärzt*innen, die die Therapie anwenden (Link unter "Weiterführende Informationen").

Selektive UVB-Therapie bzw. Schmalband-UVB-Bestrahlung. Diese Bestrahlung mit UVB-Licht ist auch als Heimbehandlung möglich und vergleichbar effektiv wie im Therapiezentrum.

Heliotherapie. Bei dieser Lichttherapie kommt natürliches Sonnenlicht zum Einsatz, wirksam ist der UV-B-Anteil. Sie wird ohne Lichtschutz durchgeführt, weswegen besonders darauf geachtet werden sollte, Sonnenbrand zu vermeiden.

Totes-Meer-Therapie. Eine Kur am Toten Meer wirkt wie eine "natürliche" Balneophototherapie. Neben der "Lichttherapie" durch den Aufenthalt in der prallen Sonne (der sich täglich von wenigen Minuten bis zu Stunden steigern soll) steht zwei- bis dreimal täglich ein Bad im salzhaltigen Toten Meer an. Von einem so durchgeführten vierwöchigen Kur-Aufenthalt profitieren viele Betroffene.

Systemische Therapie mit Medikamenten

Ab einem PASI von 10 und beim Vorliegen einer Psoriasis-Arthritis empfehlen die Ärzt*innen die systemische Therapie der Schuppenflechte. Die dazu eingesetzten Medikamente sind hochwirksam, bergen aber auch zahlreiche, z. T. erhebliche Nebenwirkungen. Deshalb wird eine Behandlung damit häufig in Spezialambulanzen durchgeführt, die an Universitätskliniken angeschlossen sind. Regelmäßige Therapiekontrollen und die Überwachung von Blutdruck, Blutbild, Leber- und Nierenfunktion sind bei den meisten Wirkstoffen unerlässlich. Da viele der Wirkstoffe in der Schwangerschaft verboten sind, ist bei Frauen im gebärfähigen Alter vor der Therapie eine Schwangerschaft auszuschließen und auf eine sichere Verhütungsmethode während und zum Teil bis Wochen nach der Behandlung zu achten.

First-Line-Therapie. Diese Medikamente gelten als Wirkstoffe der ersten Wahl bei mittelschwerer bis schwerer Schuppenflechte.

  • Acitretin. Das Retinoid Acitretin hemmt das Wachstum der Horn-bildenden Hautzellen, ist entzündungshemmend und greift in den Immunhaushalt ein.
  • Ciclosporin. Dieser Calcineurin-Blocker wirkt auf das Immunsystem und damit stark entzündungshemmend. Da erhebliche Nebenwirkungen wie Hypertrichose, Nierenschädigung und ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen drohen, setzen die Ärzt*innen Ciclosporin vornehmlich kurzfristig ein.
  • Fumarsäureester. Auch Fumarsäureester wirken auf das Immunsystem und damit antientzündlich. Als wichtige Nebenwirkung gelten Blutbildveränderungen und Nierenschädigung. Vor der eigentlichen Therapie ist eine vorsichtige Verträglichkeitsanpassung mit niedrig dosiertem Wirkstoff erforderlich.
  • Methotrexat. Methotrexat ist ein Folsäureantagonist, der auch bei schwerem Rheuma eingesetzt wird. Unter dem wöchentlich subkutan verabreichten hochwirksamen Medikament drohen erhebliche Nebenwirkungen, es wirkt toxisch auf Leber, Niere und Knochenmark.
  • Adalimumab. Dieser TNF-alpha-Antagonist kann neben anderen schweren unerwünschten Wirkungen auch eine Tuberkulose reaktivieren, daneben ist unter der Therapie das Risiko für schwere Infektionen erhöht. Adalimumab wird subkutan injiziert.
  • Sekulimumab. Sekulimumab wirkt antientzündlich, indem es Interleukin-17 hemmt. Als typische Nebenwirkungen gelten Pilzinfektionen, Durchfall und das Aufflackern chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Second-Line-Therapie. Greifen die First-Line-Wirkstoffe nicht oder dürfen sie nicht gegeben werden (z. B. weil eine chronische Infektion vorliegt), empfehlen die Leitlinien den Einsatz folgender Second-Line-Wirkstoffe:

  • Apremilast. Apremilast ist ein 2015 zugelassener Phosphodiesterase-IV-Hemmstoff, der das Hautbild auch bei schwierigen Fällen deutlich bessert. Gefährlich sind die Auswirkungen des Medikaments auf die Psyche. Manche Behandelten entwickeln Suizidgedanken und suizidales Verhalten, vor allem, wenn sie in der Vergangenheit bereits an psychiatrischen Beschwerden litten. Bei auftretenden Stimmungsschwankungen muss deswegen immer die behandelnde Ärzt*in informiert werden.
  • Etanercept. Der TNF-alpha-Hemmstoff wirkt stark antientzündlich und dämmt dadurch auch ausgeprägte Herde ein. Er wird ein- bis zweimal die Woche unter die Haut gespritzt. Als Nebenwirkungen drohen schwere Infektionen. Manchmal bildet das Immunsystem nach der Verabreichung auch Antikörper gegen den Wirkstoff oder körpereigene Strukturen. Außerdem gibt es Hinweise, dass unter dem Wirkstoff vermehrt Lymphome auftreten.
  • Infliximab. Dieser TNF-alpha-Antagonist wird alle 2 Wochen (später mit längeren Intervallen) als Infusion verabreicht. Unter der Therapie besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Infektionen und bösartige Erkrankungen wie Lymphome, Leukämien oder Gebärmutterhalskrebs.
  • Ustekinumab. Der Antikörper gegen Interleukin 12 und 23 wird unter die Haut gespritzt. Als unerwünschte Wirkungen drohen Übelkeit und Durchfall, Juckreiz und Quaddeln. Außerdem ist das Risiko für Infektionen erhöht.

Prognose

Die Schuppenflechte ist eine chronische Erkrankung, die in Schüben unterschiedlicher Schwere und in unterschiedlich langen Intervallen auftritt. Leichtere Formen lassen sich gut mit den genannten Maßnahmen behandeln. Bei schwerer Schuppenflechte ist die Lebensqualität der Betroffenen oft stark beeinträchtigt, weshalb viele Erkrankte auch schwere Depressionen entwickeln.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Hautpflege. Bei Schuppenflechte ist eine gewissenhafte Reinigung und Pflege der Haut besonders wichtig, um die Hautschuppen sanft zu entfernen, der Haut Feuchtigkeit zuzuführen und sie vor Rissen und Reizungen zu schützen. Häufig werden zur Pflege Präparate mit Harnstoff (Urea) empfohlen, da diese gut in die äußeren Hautschichten eindringen und dort Feuchtigkeit binden. Ob Salben, Cremes oder Lotionen eingesetzt werden, kommt auf das individuelle Hautgefühl an. Bei der Wahl der Reinigungs- und Pflegeprodukte sollten sich Betroffene von der Hautärzt*in oder in der Apotheke beraten lassen.

Sommer nutzen. Meist bessert sich die Schuppenflechte in den Sommermonaten. Zu beachten ist jedoch, dass sich schrittweise an die Sonne gewöhnt werden muss und Sonnenbrände unbedingt zu vermeiden sind.

Aufenthalt am Meer. Seeluft und das Baden im Meer sollen ebenfalls einen günstigen Einfluss auf die Schuppenflechte haben. Wer nicht ans Meer kann, kann es sich durch Vollbäder mit Salz vom Toten Meer in die heimische Badewanne holen.

Kleidung. Schuppenherde treten häufig dort auf, wo Kleidung auf der Haut kratzt und reibt. Weiche, nicht scheuernde Kleidung hilft deshalb, die Ausbreitung der Erkrankung einzudämmen.

Ernährung. Jede Schuppenflechte ist anders – dementsprechend gibt es auch nicht die eine richtige Ernährung für Erkrankte. Wichtig ist, sich selbst gut zu beobachten, z. B. auch mithilfe eines Ernährungstagebuches. So lässt sich gut herausfinden, ob bestimmte Lebensmittel einen Schub auslösen. Insbesondere Alkohol sollten Betroffene generell nur mit Vorsicht genießen – nicht selten folgt ein akuter Schub nach ausgiebigem Alkoholkonsum.

Entspannen. Auch Stress und psychische Probleme können Krankheitsschübe verstärken oder sogar auslösen. Entspannung und Stressabbau sind daher wichtige Bestandteile der Selbstbehandlung. Neben ausreichend Schlaf und reichlich Bewegung an der frischen Luft empfiehlt sich auch das Erlernen eines Entspannungsverfahrens. Wer regelmäßig übt, kann auch abschalten, wenn die Lebensumstände einmal etwas turbulenter sind.

Hilfe suchen. Die Schuppenflechte ist eine sehr belastende Erkrankung. Aufgrund der offen sichtbaren Hauterscheinungen werden die Betroffenen häufig stigmatisiert. Unterstützung bieten Selbsthilfegruppen, bei denen man sich mit Leidensgenossen austauschen und Rat kann, z. B. der Deutsche Psoriasis Bund oder das Psoriasis-Netz.

Depressionen behandeln. Ist der Leidensdruck sehr hoch, entwickeln viele Betroffene Depressionen oder andere psychische Probleme. Eine Psychotherapie kann helfen, die Erkrankung anzunehmen und dadurch erträglicher zu machen.

Komplementärmedizin

Die Komplementärmedizin sieht die Psoriasis als Folge einer Stoffwechselentgleisung und bietet entsprechende Therapieansätze an.

Hydrotherapie. Insbesondere Bäder mit den Zusätzen von Sole oder Schwefel sind aufgrund ihrer schuppenlösenden Wirkung empfehlenswert. Milch-Molke-Bäder lindern den Juckreiz, feuchte Umschläge mit Brennnesseltee dämpfen die Entzündung. Dass auch Sauna-Besuche die Beschwerden bessern können, wird ihrer durchblutungsfördernden und schweißtreibenden Wirkung zugeschrieben.

Pflanzenheilkunde. Um den Stoffwechsel zu normalisieren, bieten sich Teemischungen aus Sennesblättern, Kümmel, Kamillenblüten und Bittersüß oder alternativ aus Bittersüß, Brennnesselblättern, Löwenzahnwurzel, Sennesblättern, Fenchel und Sandsegge an, die über 4 Wochen zweimal täglich getrunken werden sollten. Äußerlich haben sich die Pflanzenwirkstoffe der Aloe vera sowie der Mahonie, einer Berberitzenart, in Form von Salbe bewährt.

Akupunktur. Die Therapie mit Akupunktur wird unterschiedlich bewertet, mitunter kann der Juckreiz unterbunden werden. Akupunktiert werden darf nur in schubfreien Intervallen mit dem Ziel, diese Intervalle zu verlängern.

Weiterführende Informationen

  • Internetseite des Vereins www.Psoriasis-Netz.de, Berlin: Von Selbsthilfegruppen betriebenes Informationsportal mit umfangreichen Informationen zur Schuppenflechte und deren Behandlung.

  • www.psoriasis-bund.de – Deutscher Psoriasis-Bund e. V., Hamburg: Informationen und Kontakt zu Selbsthilfegruppen.

  • Aktuelle Liste der Dermatologen, die die Balneophototherapie anbieten

  • www.psonet.de - Webseite mit einer Liste von Ärzten und Kliniken mit hoher Expertise zur Schuppenflechte.

| Von: Dr. Ute Koch, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Seborrhoisches Ekzem

Häufigkeit: 4

Seborrhoisches Ekzem (seborrhoische Dermatitis): Schubweise verlaufende schuppende Hautentzündung, bevorzugt an Hautarealen mit hohem Anteil an Talgdrüsen und am behaarten Kopf. 5 % bis 10 % der Bevölkerung leiden an der Hauterkrankung; besonders häufig trifft es Säuglinge, Männer ab dem 40. Lebensjahr und Frauen während oder nach den Wechseljahren. Ein erhöhtes Risiko tragen auch Parkinson-Patient*innen und HIV-Infizierte. Das seborrhoische Ekzem lässt sich mit Cremes und Shampoos gut behandeln, gerade Erwachsene neigen jedoch zu Rückfällen. Bei Säuglingen bildet es sich nach wenigen Monaten meist wieder komplett zurück.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Scharf begrenzte, rötliche Entzündungsflächen mit gelblicher, fettiger Schuppung, überwiegend an behaarter Kopfhaut, Haaransatz, Stirn, Nasenlippenfurche, Genitalbereich, Rücken und über dem Brustbein
  • Fast immer Kopfschuppung
  • Selten Juckreiz.

Wann zum Arzt

In den nächsten Wochen, wenn

  • obige Leitbeschwerden auftreten bzw. diese sich trotz Behandlung nicht bessern.

Die Erkrankung

Seborrhoisches Ekzem des Erwachsenen (Typ I)

Beim Erwachsenen treten die Ekzeme meist im mittleren Lebensalter auf und betreffen vermehrt Männer. Das klinische Bild richtet sich danach, wo die Hauterscheinungen sitzen.

  • Behaarte Kopfhaut. Hier zeigen sich unscharf begrenzte, flächige Rötungen mit locker sitzenden weißen Kopfschuppen. Die Hauterscheinungen überschreiten den Haaransatz nicht und jucken, wenn überhaupt, nur wenig. In manchen Fällen finden sich auch nur weißliche, feine Schuppung der Kopfhaut ohne Entzündungszeichen. Diese sehr milde Variante wird auch als Pityriasis simplex capillitis bezeichnet und oft mit normalen Kopfschuppen verwechselt.
  • Gesicht. Die roten, schuppigen Plaques befinden sich vor allem im Nasenlippenbereich, hinter den Ohren und im Bartbereich. Die Augenbrauen können mitbetroffen sein, in manchen Fällen sind sie sogar ausschließlich befallen, ohne dass der restliche Körper weitere Ekzeme aufweist.
  • Rumpf. An Rücken und Brust treten die Ekzeme in der sogenannten Schweißrinne entlang des Brustbeins und der Wirbelsäule auf. Meist sind die roten oder rotbraunen Flecken scharf begrenzt, sie schuppen unterschiedlich stark und jucken selten.

Krankheitsentstehung. Als Ursache für das seborrhoische Ekzem vermutet man eine Überproduktion der Talgdrüsen (Seborrhö), möglicherweise in Zusammenhang mit einem Überschuss an männlichem Sexualhormon, z. B. Testosteron, das die Talgproduktion stimuliert. Dieser Zusammenhang erklärt das häufige Auftreten des Ekzems bei Männern und bei Frauen während der Wechseljahre. Als begünstigende oder auslösende Faktoren diskutiert man zudem:

  • Der normalerweise harmlose Hefepilz Malessezia furfur (früher Pityrosporum ovale genannt) und andere Malessezien-Arten sollen bei übermäßiger Vermehrung zu einer Entzündung der (mit den Talgdrüsen in Verbindung stehenden) Haarbälge führen.
  • Eine erbliche Veranlagung zum seborrhoischen Ekzem ist bekannt und bei etwa 50 % der Bevölkerung nachweisbar.
  • Stress, Schlafmangel, psychische und starke körperliche Belastungen verschlimmern die Erkrankung.
  • Ob auch die Ernährung, insbesondere die Versorgung mit Zink und Vitaminen, einen Einfluss auf die Beschwerden hat, ist umstritten.

Verlauf und Komplikationen. In der Regel ist das seborrhoische Ekzem eine zwar kosmetisch störende und häufig wiederkehrende, aber harmlose Hauterkrankung. Gelegentlich infizieren Bakterien die betroffenen Hautareale und verstärken die Entzündung. Bei starkem und wiederholtem Befall der Kopfhaut kommt es manchmal zu Haarausfall.

Seborrhoisches Säuglingsekzem

Diese auch seborrhoisches Ekzem Typ II genannte Hauterkrankung tritt bei bis zu 5 % der Säuglinge innerhalb der ersten 3 Lebensmonate auf. Charakteristisch sind gelbliche, fettige, fest haftende Schuppenkrusten, v. a. am behaarten Kopf (Milchschorf oder Gneis genannt), außerdem an den Augenbrauen, hinter den Ohren und am Hals. Ursache sind die nach der Geburt kurzfristig hohen Spiegel männlicher Hormone, die die Talgdrüsen des Kindes vorübergehend aktivieren. Meistens heilt das seborrhoische Säuglingsekzem schon nach wenigen Wochen auch ohne Behandlung folgenlos ab. Nur sehr selten breitet es sich im 2. Lebensmonat auf den ganzen Körper aus und führt dann zu einem schweren Krankheitsbild mit Fieber, Erbrechen und Durchfall.

Hinweis: Milchschorf kann auch ein Anzeichen einer Neurodermitis sein.

Diagnosesicherung

Meistens diagnostiziert die Hautärzt*in ein seborrhoisches Ekzem anhand der typischen Hautveränderungen und einer Befragung der Patient*in oder ihrer Eltern. Im Zweifel bringt eine mikroskopische Untersuchung der Schuppen Klarheit.

Differenzialdiagnosen. Abzugrenzen sind andere Hauterkrankungen wie Schuppenflechte und Neurodermitis, die ähnlich aussehen können, aber auch Pilzerkrankungen der Haut.

Behandlung

Erwachsene

Zur Behandlung der Kopfhaut reichen in leichten Fällen manchmal austrocknende Shampoos wie Mineralsalzshampoos oder Sebamed flüssig. Meist sind jedoch Shampoos mit einem pilztabtötenden Wirkstoff, also einem Antimykotikum wie Ketoconazol (z. B. Terzolin®) oder Ciclopirox (z. B. Stieprox® intensiv) erforderlich. Ausgeprägte Schuppen müssen vor der Kopfwäsche mit einem Keratolytikum wie Salicylsäure (z. B. Squamasol®Gel) abgelöst werden. Bei stark entzündeter Kopfhaut verordnet die Ärzt*in ein Kortisonpräparat wie Mometason (z. B. Ecural®-Lösung), das für 2–3 Wochen auf den behaarten Kopf aufgetragen wird.

Für das Gesicht eignen sich ebenfalls Antimykotika wie Ketoconazol oder Ciclopirox in Form von Cremes oder Lotionen (z. B. Nizoral® Creme, Oliprox® Creme). Alternativ helfen auch die entzündungshemmenden und immunsupprimierenden Calcineurininhibitoren Pimecrolimus (z. B. Elidel®) oder Tacrolimus (z. B. Protopic Salbe®).

Bei ausgeprägten Entzündungen außerhalb des Gesichtsbereichs verordnet die Ärzt*in vorübergehend auch Salben oder Cremes mit Kortison wie Hydrocortison (z. B. Alfason®). Eine starke Schuppenbildung macht den Einsatz von Präparaten erforderlich, die Keratolytika wie Salicylsäure oder Harnstoff enthalten.

Systemische Therapie. In besonders schweren Fällen kann die Einnahme von Kortison oder Tetrazyklin helfen. Kortison darf aufgrund der drohenden Nebenwirkungen wie Blutdruckanstieg, Gewichtszunahme und Wassereinlagerungen nur kurzfristig eingesetzt werden und wird dann wieder vorsichtig ausschleichend abgesetzt.

Behandlung von Säuglingen

Beim seborrhoischen Säuglingsekzem erfolgt die Kopfwäsche mit einem milden Babyshampoo oder auch leicht austrocknenden Shampoos wie Sebamed flüssig. Die Schuppen lassen sich mit Salicylsäure in Ölivenöl ablösen. Auch Gerbstoffe wie Tannolact sind hilfreich. Bei nässenden Stellen verordnet die Ärzt*int leicht austrocknende Salben auf Zinkbasis. Im Falle einer zusätzlichen Infektion mit Pilzen oder Bakterien kommen entsprechende antimykotische oder antibakterielle Salben oder Cremes zum Einsatz (z. B. Candiol Hermal Softpaste mit Nystatin oder Fucidine Salbe® mit Fucidinsäure). Generell soll auf penible Hygiene geachtet werden. So sind Windeln und Wäsche häufig zu wechseln, außerdem ist eine leichte, lockere Bekleidung ratsam.

Prognose

Das seborrhoische Ekzem lässt sich nicht heilen, mit den richtigen Therapiemaßnahmen aber deutlich lindern. Typisch ist ein schubweiser Verlauf mit Besserung in den (sonnenreichen) Sommermonaten und regelmäßiger Verschlechterung im Winter.

Bei Säuglingen heilt das seborrhoische Ekzem in der Regel nach einigen Monaten von selbst aus.

Ihre Apotheke empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bei starken Kopfschuppen kann in Absprache mit der Ärzt*in in regelmäßigen Abständen eine Kur mit Schuppenshampoo (z. B. Terzolin®) durchgeführt werden. Zwischenzeitlich sind milde Haarshampoos (z. B. Physiogel® oder ein Babyshampoo) empfehlenswert. Mitunter hilft auch Apfelessig: Zu gleichen Teilen mit Wasser verdünnt, wird er auf die betroffenen Stellen aufgetragen.

Prävention

Auch nachdem das akute Stadium eines seborrhoischen Ekzems abgeklungen ist, braucht die betroffene Haut intensive Pflege, um Rückfälle zu vermeiden oder zumindest zu verzögern.

  • Geeignet sind fettarme Basispräparate (Cremes), eventuell mit Zusatz von Salicylsäure oder Harnstoff.
  • Da Stress und Anspannung einen negativen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben, empfiehlt sich als vorbeugende Maßnahme auch das Erlernen von Entspannungsmethoden, z. B. Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson.

Komplementärmedizin

Da das seborrhoische Ekzem u. a. auf eine Überproduktion der Talgdrüsen zurückzuführen ist, kombiniert die Komplementärmedizin in erster Linie Verfahren zur Reduktion der Talgbildung und Methoden zur Stabilisierung des Immunsystems mit Entspannungsverfahren.

Hydrotherapie. Eine verminderte Produktion der Talg- und Schweißdrüsen lässt sich durch Abreibungen mit verdünnten, alkoholischen Lösungen erreichen, alternativ auch durch Umschläge mit warmem Eichenrindensud. Bäder mit Fichtennadelextrakt (nicht länger als eine Viertelstunde) sind ebenfalls empfehlenswert. Nach dem Bad sollte auf eine Rückfettung der Haut durch Öle oder Lotionen allerdings verzichtet werden.

Lichttherapie. Da Sonnenstrahlung offensichtlich positive Auswirkungen auf seborrhoische Ekzeme hat, bieten sich neben einer Bestrahlung mit Höhensonne ausgedehnte Spaziergänge an (Luft- und Sonnenbad). Die klimatischen Bedingungen am Meer und im Gebirge haben einen besonders günstigen Einfluss. Hartnäckige Ekzeme reagieren oft auch gut auf eine Behandlung mit UVB-Strahlen.

Pflanzenheilkunde. Im Vordergrund stehen zum einen milde, die Haut zusammenziehende Pflanzenextrakte wie Eichenrinde, die auch als Fertigpräparate (z. B. Tannosynt® flüssig) zur Verfügung stehen. Zum anderen hat die Behandlung zum Ziel, die Schweißsekretion zu hemmen; dazu eignet sich z. B. Salbei, der sowohl innerlich als Tee genossen als auch äußerlich in Form von Kompressen verwendet werden kann.

| Von: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung der Sektionen : Dr. med. Sonja Kempinski